2.1.2007
Schiffbruch mit Tiger
Am Tag vor Weihnachten sagte Bru: "Ich hab noch kein Geschenk fuer dich. Such dir was aus."
Er sagte es in einem Buchladen, also in genau der richtigen Umgebung.
Vom Buch hatte ich bereits gehoert. Eine Buchhaendlerin empfiehl es mir, als ich sie nach Bahnlektuere fragte. Beim Satz "Achja, und Murakamis 'Kafka am Strand' gefiel mir auch" wurde sie aufmerksam und legte mir das Werk von Yann Martel sehr ans Herz. Ich kaufte stattdessen einen Psychothriller von Charlotte Link, aber auf den Tiger bin ich dann ja auch noch gekommen.
Schiffbruch mit Tiger? Diese Geschichte würden Sie nicht glauben? Kein Wunder. Fantastisch. Verwegen. Atemberaubend. Wahnsinnig komisch. Eine Geschichte, die Sie an Gott glauben lässt. Pi Patel, der Sohn eines indischen Zoobesitzers und praktizierender Hindu, Christ und Muslim erleidet mit einer Hyäne, einem Orang-Utan, einem verletzten Zebra und einem 450 Pfund schweren bengalischen Tiger namens Richard Parker Schiffbruch. Bald hat der Tiger alle erledigt – alle, außer Pi. Alleine treiben sie in einem Rettungsboot auf dem Ozean. Eine wundersame, abenteuerliche Odyssee beginnt.
Quelle: Amazon.de
Das Buch beginnt langsam und vorsichtig in Indien. Genauer gesagt im kleinen Ort Pondicherry. Noch genauer gesagt im oertlichen Zoo. Dort wachsen die beiden Helden der Geschichte – der indische Junge Pi Patel und der bengalische Tiger Richard Parker – auf. Man erfaehrt, wie Junge und Tiger an ihre Namen und in den Zoo kommen und dass sich die drei Weltreligionen in ihren Grundsaetzen nicht ausschliessen.
Irgendwann dann kommt es tatsaechlich zum Schiffbruch. Kreativ und mit zusammengebissenen Zaehnen versucht Pi, einfach nur zu ueberleben. Dabei entdeckt der ehemalige Vegetarier nicht nur verschiedene Wege, Meerestiere zu fangen und zu essen, sondern zaehmt auch seinen gestreiften Mitreisenden. Immerhin sitzen sie in einem Boot, ha-ha.
Wie schon Stephen King in "Das Spiel" schafft Yann Martell es, eine eigentlich belanglose Geschichte vor immer gleicher meerblauer Kulisse zu einer spannenden Story zu machen, die einen nicht nur zum Mitfiebern und Lachen bringt, sondern auch zum Staunen und Nachdenken. Es zeigt einem Wahrheiten, die man immer schonmal in dieser Form lesen wollte und ist meist genau deswegen auf tragische Art lustig.
Kurz: Gut, dass Raffi tagsueber arbeitet. Er haette sich ansonsten schwer missachtet gefuehlt.
(Die Sache mit dem Glauben bezweifle ich allerdings.)
January 24th, 2007 at 21:51
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