20.5.2007

Ueberholt

Posted in Theory at 20:32 by Rafayel

Spätestens seit dem Partiegewinn 1996 und dem Turniersieg 1997 ist klar: Menschen haben's einfach nicht mehr drauf.

Wovon ich rede? Schach natürlich. Die Partien zwischen Garri Kasparow und Deep Blue haben einen solchen Medienrummel verursacht, dass auch Menschen, die ein Schach- nicht von einem Muehlebrett unterscheiden koennen, darueber philosophieren, ob unsere Spezies ausgedient hat. Und wenn man mich fragen wuerde: Klar doch!

Aber darum geht es jetzt nur am Rande, denn egal ob Fritz, Shredder, Junior, Rybka oder der neue Hype Strelka – die aktuellen Schachprogramme haben das Potential, jeden menschlichen Geist in diesem Spiel der Koenige zu uebertrumpfen und nicht selten wurden festzementierte Dogmen aus etablierten Lehrbuechern dank dieser "dummen" Programmierungen widerlegt.

Aber sind die Vergleiche denn wirklich fair? In sogenannten Endgame-Tablebases (EGTBs) stehen den Programmen (fuer mich) unvorstellbare Mengen an Informationen zur Verfuegung, die in Sekundenbruchteilen abgefragt werden koennen. Etwas ueber sieben Gigabyte reichen zum Beispiel aus, um fuer _alle_ Situationen mit maximal fuenf Steinen auf dem Brett perfekte Entscheidungen zu treffen. Und mit etwas weniger als zwei Terabyte (aus dem Gedaechtnis, nagelt mich nicht auf diesen Wert fest) in der Hinterhand darf noch ein Stein mehr vorhanden sein, ohne dass das Programm seine Perfektion einbuesst. (Legal erhaeltlich in den ueblichen P2P-Netzen, da behaupte noch mal einer, die waeren fuer nichts zu gebrauchen.)

Wieviele Schachbuecher wohl zwei Terabyte entsprechen?

Haben Fritz & Co. also eigentlich gar keinen Durchblick, sondern nur genuegend Hilfsmittel, um uns armen Menschen in den Hintern zu treten?

Mitnichten. Wer's nicht glaubt, kann sich ja an diesem Gegner versuchen: Micro-Max. Ein komplettes Schachprogramm (genauer: eine Engine, also das Hirn ohne bunte Oberflaeche zum Rumklicken) in 133 Zeilen. 133! Oder anders gesagt, weniger als 2000 Zeichen Code. Das reicht wahrscheinlich gerade aus, einem Anfaenger die Grundregeln fuer Schach zu erklaeren. Ich wage einfach mal zu behaupten, die meisten Menschen duerften sich auch an diesem Gegner auf aktuellen Computern die Zaehne ausbeissen. Natuerlich ohne Tablebases.

Mein Fazit: Schach ist erledigt, nun bleibt uns nur Go. Aber wie lange noch?

23.10.2006

Superlativ

Posted in Theory at 00:16 by Rafayel

Nein, heute ausnahmsweise mal keine Zitate aus dem Heise-Newsticker. Sondern aus einem Buch. Ich rege mich ja gerne ueber Politiker auf, die laut in die Welt schreien, wie wenig sie doch von den Dingen verstehen, die sie mit ihren Gesetzen regulieren wollen. Und je hoeher der Posten, desto heftiger moechte man ueber die dargestellte Unkenntnis klagen. Aber selbst an Belletristik, der man ja doch den einen oder anderen Schnitzer vergeben moechte, darf man immer wieder verzweifeln:

Das [Anm. von mir: E-Mail-]System ist absolut sicher und außerdem verschlüsselt.

Mal abgesehen davon, dass der Satz fuer sich genommen schon laecherlich klingt: Nein, ist es nicht! Und nein, ich akzeptiere dabei auch keine Ausreden der Art "das ist aber fuer die Handlung von Noeten und nicht weiter schlimm". Es schmerzt einfach nur beim Lesen.

Kurz zur Info: Mir persoenlich fallen nur zwei absolut (d.h. beweisbar) sichere kryptographische Methoden ein: One-Time-Pad (OTP) und Varianten des Secret Sharing (die sich auch als OTP missbrauchen lassen). Aber: Zur Verschluesselung sind diese dann und nur dann geeignet, wenn ausser dem unsicheren Kanal, ueber den die geheime Nachricht verschickt werden soll, ein zweiter, absolut sicherer existiert, ueber den ein mindestens gleichlanger Schluessel uebermittelt werden kann.

Falls nun die Frage aufkommt, warum man die geheime Nachricht dann nicht gleich ueber diesen sicheren Kanal verschickt: Beide Kanaele muessen nicht zur gleichen Zeit existieren. Man kann also vor einer Mission den Schluessel ueber den sicheren Kanal austauschen und spaeter, im Verlaufe der Mission, eine wichtige Nachricht, die zum Zeitpunkt des Schluesselaustausch noch nicht bekannt war, unbesorgt ueber den unsicheren Kanal versenden.

Und warum sind die Verfahren beweisbar sicher? Ganz einfach, alle Texte mit der Laenge der verschluesselten Nachricht sind nicht nur moeglich (lassen sich also mit einem geeigneten Schluessel aus dem geheimen Text herstellen), sondern sind auch noch gleichwahrscheinlich. Es gibt also nicht den geringsten Hinweis, welche der moeglichen Nachrichten gemeint ist. 

6.10.2006

Vielen Dank fuer Ihre Aufmerksamkeit.

Posted in Reality, Theory at 19:12 by Rafayel

Vorbei. Gewonnen.

Diplomverteidigung

Tok berichtet spaeter vielleicht noch darueber. Oder morgen. Oder gar nicht. 

1.10.2006

Gipfel des Berges

Posted in Reality, Theory at 17:32 by Rafayel

In den letzten Tagen war ich hier ja recht ruhig. Das hatte auch seinen Grund. In wenigen Tagen steht naemlich das an, worauf ich die letzten 19 Jahre hingearbeitet habe: Die Verteidigung meiner Diplomarbeit.

Und ich kann es kaum erwarten. Kaum erwarten, die Gebaeude der Universitaet ein letztes Mal zu betreten und vorallem zu verlassen. Kaum erwarten, die ganzen Hefter endgueltig zur Seite zu legen. Kaum erwarten, arbeiten zu gehen. Ja, selbst den Luxus des Ausschlafens bin ich gern bereit aufzugeben, um diesen Teil endlich abschliessen zu koennen.

Auch wenn ich wahrscheinlich schon nach wenigen Tagen darueber jammern werde.

TokScans - Diplomarbeit

Das Bild war uebrigens so eine Art Notizzettel, den Tok fuer mich angefertigt hat. Die Ungleichungen auf der Tafel brauchte ich beim Schreiben meiner Arbeit so ungefaehr alle fuenf Minuten, konnte mir sie aber auch nach Wochen noch nicht einpraegen bzw. habe sie immer verwechselt.

1.9.2006

Befriedigt

Posted in Theory at 12:11 by Rafayel

Ich frage mich ja schon seit geraumer Zeit, wie die allseits beliebte Osterformel von Gauß funktioniert. Nun habe ich eine Ausarbeitung darueber gefunden, die nach erstem Drueberblaettern anscheinend genau das erklaert.

Prima, Tagesziel erreicht. Und ja, das ist wichtig!

25.8.2006

Logisch, oder?

Posted in Theory at 11:10 by Rafayel

Ich habe ja mehrere Fimmel. Zum Beispiel suche ich ausgefallene Wege, um Sudokus per Computer zu loesen. Und gestern konnte ich meine Sammlung wieder um eine neue Variante erweitern.

Schonmal was von constraint satisfaction problems (CSP) gehoert? Wahrscheinlich nicht. Dabei kennt eigentlicher jeder welche und hat sie vielleicht auch schon geloest. Gegeben sei ein Logikraetsel, bei dem Frau A neben der Dame mit dem Hund wohnt, B keine Pilze im Garten anbaut und die Frau mit dem Spinat sich regelmaessig ueber die Katze ihrere Nachbarin aufregt. Und nun soll man herausfinden, welches Haustier Frau D hat und wo die Dame mit den Gurken wohnt, oder so.

Das z.B. sind CSPs. Und wie man sich leicht ueberlegen kann, lassen sich auch Sudokuprobleme aehnlich formulieren.

Richtig interessant wird es erst, wenn man zum Loesen des CSPs ein Computer-Algebra-System (CAS) wie Maple benutzt, wobei ich – wenn man mich fragen wuerde – die Bezeichnung computer aided mathematics (CAM) als passender betrachten wuerde. Denn damit kann man vom 1×1 bis zum Beweis eines der sieben Millennium-Probleme so ziemlich alles berechnen. Maple laesst sich seit einigen Versionen ueber die Schnittstelle OpenMaple auch in eigene Programme einbinden. Und dank der umfangreichen Faehigkeiten von Maple laedt das foermlich zum Spielen ein.

Ich habe vor, mein Sudoku-Solver pms um eine Anbindung an Maple zu ergaenzen und darueber das Sudoku – formuliert als CSP – zu loesen. Das ist zwar extrem umstaendlich, aber irgendwie auch wieder stylisch. Finde ich.

Alle, die an der Formulierung von Sudoku als CSP interessiert sind, gedulden sich bitte noch ein wenig. Da ich pms als Open Source freigebe, wird, sobald ich mit der Integration fertig bin, natuerlich auch der Maple-Teil verfuegbar sein. Eine Loesung direkt als Maple-Worksheet existiert schon, es fehlen nur ein paar Klassen zur Ergaenzung von pms.

[Nachtrag]
Damit man sich besser ein Bild davon machen kann, hier eine Beispielrechnung: Sudoku als constraint satisfaction problem in Maple.

22.8.2006

Feucht.

Posted in Reality, Theory at 15:59 by Rafayel

Da liegt sie nun, meine Diplomarbeit. Frisch gedruckt und gebunden. Sieht richtig edel aus, finde ich.

Aber was noch viel besser ist: Langsam normalisiert sich sogar mein Denken. Ploetzlich fallen einem Unmengen Dinge ein, die man in naechster Zeit erleben moechte. Zum Beispiel die Verteidigung der Arbeit Geburtstagsfeier am Wochenende. Ehrlich, ich freue mich auf eine formellose Zeit.

Und als Einstieg werde ich jetzt einkaufen gehen. Ganz allein. Ich schau auch brav nach links, rechts und wieder links, bevor ich ueber die Strasse gehe. Achtung Welt hinter dem Fenster, ich komme …

PS: Und wenn ich es herausfinde, dann verrate ich euch sogar, woher der Pizzabote kommt. Versprochen. 

16.8.2006

Hoehenflug

Posted in Theory at 18:41 by Rafayel

Es ist ein ueberaus erhabenes Gefuehl, dem Drucker bei der Erschaffung der eigenen Diplomarbeit zuzuhoeren. Rund 40 Seiten voll chaotischer Mathematik. Dank LaTeX sieht sogar das Layout professionell aus.

Und dann blaettert man mal durch, liest sich kurz ein und fragt sich: "Was, das willst du ernsthaft abgeben? Du spinnst ja!"

Ich freue mich schon auf die Verteidigung.

15.8.2006

Amerikanische Wissenschaftler haben …

Posted in Theory at 13:24 by Rafayel

bei mir ein verdammt schlechtes Ansehen. Und eigentlich koennen sie nichts dafuer.

Immer haeufiger hoert man in den Nachrichten oder einfach nur als Lueckenfueller zwischen Programmteilen den Satz "Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass …" Und der ausgepunktete Teil hoert sich fuer mich haeufig wie ein Aprilscherz an. Beispiel gefaellig? Gerade eben erst "erfahren":

  • Rentner sind umso klueger, je unfreundlicher und wuetender sie sind.
  • Mozarts Musik ist blau. (Okay, das kommt aus der Uni in Wien, aber egal.)
  • Je gruener die Nachbarschaft, desto (kontakt)freudiger die anzutreffenden Nachbarn.

Woah, da krempelt es mir die Zehnaegel hoch! Anfangs habe ich ja noch die Schuld auf die Wissenschaftler geschoben, doch mittlerweile bin ich der Meinung, so abgedreht koennen die selbst in den Staaten nicht sein.

Nein, Problem ist eher die redaktionelle Aufbereitung durch Nachrichtenagenturen. Ich bin mir sicher, dass Formulierungen wie "es gibt Anzeichen fuer vermehrte …" oder "es ist wahrscheinlicher, dass …" nach einer kleinen Ueberarbeitung fuer das deutsche Volk eher nach "es ist nachgewiesen, dass …" oder "es steht fest, dass …" klingen. Warum auch nicht, sonst muesste der Hoerer ja noch drueber nachdenken, ob etwas nun wirklich Auswirkungen hat oder nicht. Besser man nimmt ihm die Entscheidung ab, Pisa laesst gruessen.

Doch ganz unschuldig werden auch die Autoren der Studien nicht sein. Nehmen wir mal das Beispiel der bepflanzten Nachbarschaft. Die Grundstuecke dort kosten definitiv mehr als in irgendwelchen Ghettos. Die anzutreffenden Bevoelkerungsschichten unterscheiden sich also schon deshalb von vornherein. Man koennte das Ergebnis auch umformulieren: "Menschen mit viel Geld sind freundlicher als Menschen, die in Armut leben." So, auch darueber kann man sich streiten, doch meine Aussage hat rein gar nichts mehr mit der urspruenglichen zu tun und das nur, weil ich einen Faktor hinzugezogen habe.

Das Problem ist die Verwechslung von Ursache und Wirkung. Noch ein kleines Beispiel von mir. Wir setzen einen Wissenschaftler einen Monat lang an den Strassenrand. Da es Herbst ist, bekommt er sogar noch einen Stuhl und einen Regenschirm von uns. Ausserdem erhaelt er die Aufgabe, die Ursache nasser Strassen zu erforschen. Im Herbst regnet es doch recht haeufig und auch so in diesem Monat. Nach einiger Zeit stellt der Wissenschaftler fest, dass die Strasse immer waehrend eines Regens oder einige Zeit danach nass ist. Alle Beobachtungen in dem Monat stuetzen die These. Als Fazit schreibt unser Wissenschaftler somit "Wenn die Strasse nass ist, dann hat es geregnet."

Tja, klingt schoen, ist aber vollkommen falsch. Richtig waere "Die Strasse ist nass, wenn es geregnet hat." (Im Sinne von wenn-dann und nicht genau-dann-wenn.) Wo da jetzt der Unterschied ist, fragt ihr euch? Nun, ganz einfach. Im Sommer, wenn es heiss und staubig ist, faehrt immer nachts ein Reinigungsfahrzeug die Strasse lang, um selbige zu putzen. Und dabei wird die Strasse ebenfalls nass. Unser Wissenschaftler konnte das aber im Herbst nicht beobachten und hat deshalb eine falsche These verkuendet.

Sicher passiert soetwas keinem serioesen Wissenschaftler, der Ahnung von seinem Forschungsgebiet hat, oder? Leider doch. Ich empfehle an dieser Stelle die Lektuere von "Der Hund, der Eier legt – Erkennen von Fehlinformation durch Querdenken" und dessen Nachfolger "Der Schein der Weisen – Irrtuemer und Fehlurteile im taeglichen Denken". Danach fragt man sich ernsthaft, wie es die Menschheit ueberhaupt geschafft hat, das Rad zu erfinden und Feuer zu baendigen.

Mein Fazit: Schluss mit den Meldungen ueber amerikanische Wissenschaftler. Zumindest in der jetzigen Form – wir komprimieren 20 Seiten aufwaerts in zwei Saetzen – ist das Resultat einfach nur sinnentstellend; zumindest hoffe ich das im Sinne der Wissenschaft weltweit. 

13.8.2006

Ueberziehungsgebuehren und magische Kalender

Posted in Theory at 12:45 by Rafayel

Durch ein kleines Problem in PHP wurde ich mal wieder an alte Zeiten erinnert.

Besonders stolz bin ich ja auf bmSpielwiese – ein zwecks Waehrungsumstellung in VisualBasic hingehacktes Verwaltungsprogramm. In nun ca. fuenf Jahren Dauereinsatz ist bis auf ein paar unbedeutende Aenderungen nur ein wirklich boeser Bug bei der Berechnung von Ueberziehungsgebuehren bekannt geworden. Aber ich schweife ab …

Vielleicht erinnert ihr euch noch an meine "Ausarbeitung" zum Thema Feiertage. Damals habe ich ja den Wunsch geaeussert, zu erfahren, wie diese Berechnungsformeln entstanden sind. Ein aehnliches Interesse habe ich bezueglich dem Julianischen Datum, die cleverste Kalenderform, die mir bekannt ist. Deswegen bildet es auch die Grundlage der Datumsberechnungen in bmSpielwiese.

Nunja, hier haette ich vielleicht auch einfach mal auf die zugehoerige Wikipediaseite schauen sollen. Die dortigen Erlaeuterungen stellen sogar mich zufrieden, also hiermit mal wieder ein grosses Lob an die Wikipedianer. (Nennt man die so? :)

Wenn ich Magier waere, dann wuerde ich mich ohne zu zoegern fuer die purpurne Robe entscheiden und mein Lebtag lang die verschiedensten Kalender studieren. Aber dann wuerde ich sowieso einiges ganz anders machen …

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