10.12.2006

Jenseits der Mauer – Teil 2

Posted in Reality at 17:26 by Rafayel

Ihr erinnert euch evtl. noch an mich: Rafayel, der Typ, der neuerdings nicht mehr bis Mittags schlafen darf und dafuer auch noch umziehen musste. Da man bekanntlich zum Umziehen nicht nur eine alte, sondern auch eine neue Wohnung benoetigt und diese wiederum nur mittels Besichtigungen zu erhalten ist, zwischen denen man ab und zu auch mal schlafen sollte, wofuer man dann doch wieder eine Unterkunft benoetigt … Ach, den Teil habe ich euch ja bereits erzaehlt.

Okay, mache ich also mit den Wohnungsbesichtigungen weiter. Es ist Montag, der 13.11.2006, 18 Uhr und ich habe meinen ersten (eher weniger als mehr) verdienten Feierabend. In der Woche zuvor war ich nicht ganz untaetig und habe natuerlich schon mehrere Wohnungs- und Zimmerangebote herausgesucht. Auf meine Kontaktversuche hin kam jedoch nur ein Termin zustande.

Das Wetter wollte mich anscheinend auf die kommenden Tage einstimmen: Es regnete, der Wind gesellte sich ab und an hinzu und – welch Ueberraschung – irgendwer hatte nicht nur mich, sondern auch unser zentrales Himmelsgestirn nach Hause geschickt.

Das fuer diesen Abend angestrebte Zimmer lag recht zentral, aber in einer etwas ruhigeren (und umso dunkleren) Seitenstrasse. Die Häuser erscheinen mir als Laie (um nicht zu sagen, Ahnungslosen) der typische Altbau zu sein, den ich auch schon aus Halle kenne. Nur mit einem Unterschied, die fehlende Modernisierung. Warmwasserboiler und Gasherd ist hier Standard, mehr kann man den Studenten einer Eliteuni wirklich nicht goennen.

Alles kein Problem, sowas kenne ich noch aus meiner Kindheit und selbst wenn ich 'nen Kohleofen im Zimmer stehen haette, kann ich noch laecheln (denn hier gibt's selbst in solchen Bruchbuden DSL).

Das Zimmer wurde in den letzten Monaten von einer jungen, asiatischen Frau bewohnt und gehoert zu einer WG, in der man Platzangst bekommen kann, ohne deren Groesse ueberhaupt schaetzen zu koennen. Nicht nur die Zimmer, sondern auch den Flur bis zur Wohnungstuer komplett zuzustellen, bleibt hoffentlich ein Trend, der sich nicht noch mehr ausbreitet.

Im Zimmer befand sich ein Hochbett, ein Schreibtisch und ein paar weitere Moebel – nichts Weltbewegendes, aber fuer mich vorerst vollkommen ausreichend. Ich fragte die junge Dame nach ein paar organisatorischen Dingen (Wann zieht sie aus? Wann kann ich den Schluessel bekommen? usw.), die mich schon etwas stutzig machten. Die gute Frau hatte naemlich einen Schluessel, aber keinen Mietvertrag. Das sei hier normal, erfuhr ich noch.

Bevor wir den Rest klaeren wuerden, sollte ich doch erstmal in die Kueche gehen, um mit den anderen Mitbewohnern zu reden, bekam ich dann zu hoeren. Okay, dachte ich mir, hier legt man anscheinend Wert auf gutes Zusammenleben und ich soll mich bestimmt schon vorstellen. Also ab in die Kueche und mit einem freundlichen "Hallo, ich bin wahrscheinlich der neue Mitbewohner." einen tierischen Streit vom Zaun gebrochen.

Ja, richtig gelesen: Ehe ich mich versah stand ich zwischen den Fronten, denn die Mitbewohner hatten anscheinend einen anderen Kandidaten fuer das Zimmer vorgesehen und die inner-wg-liche Kommunikation erschien sehr mangelhaft. In Anbetracht des fehlenden Mietvertrags stellte sich mir spaetestens zu diesem Zeitpunkt die Frage, wer hier eigentlich was zu entscheiden hatte und ich verabschiedete mich freundlich, aber schnellstmoeglich aus diesem Chaoshaus.

Noch am gleichen Abend klagte ich Tok mein Leid und bat sie, mir aus der Ferne bei der Suche nach einer Bleibe behilflich zu sein, da ich weder Zeit noch die Moeglichkeiten dazu hatte. Sie half mir sehr und so hatte ich auch die naechsten vier Tage jeweils einen Besichtigungstermin nach Feierabend, deren Verlauf ich nur noch kurz beschreiben moechte.

Dienstag: Altbau, sehr verkehrsreiche Kreuzung, Zimmer mit Uraltmoebeln. Neben mir gab es weitere Interessenten, von denen einige aber sehr schnell die Flucht antraten. Ich – mein Luxushotelzimmer im Hinterkopf – trug mich jedoch auf die Liste der Einzugswilligen ein, versprach man mir doch noch am gleichen Abend bzw. spaetestens naechsten Tag eine Entscheidung. Jener Tag brachte aber nur die kurze Bitte um Geduld, denn die Maedels muessten noch ein wenig nachgruebeln. Da kann ich nur sagen: Danke, auf Wiedersehen!

Mittwoch. Ueber eine Stunde unterwegs, Klingeln an der Haustuer, Klingeln am Telefon. Niemand da. Grrr.

Donnerstag. Besichtigung weitab des Zentrums, aber sehr gute ÖPNV-Anbindung. Wohnung unterm Dach als Untermieter. Komplett moebliert inkl. Fernseher, Waschmaschine, DSL-, Telefon-Flat, kein Gasherd, kein Boiler, kein Altbau … Auch hier weitere Interessenten, Entscheidung bis zum naechsten Tag, Einzug ab Samstag moeglich. Herrlich! Von nun an war Daumendruecken an der Tagesordnung.

Freitag. Lange zu Fuss unterwegs. Sehr schoene Gegend, sehr ruhig, sehr abgelegen, 50m weiter scheint der Wald zu beginnen. Neue, kleine Mehrfamilienhaeuser und ein Einkaufsladen auf der anderen Strassenseite, der sogar Montag bis Freitag zur Mittagszeit geschlossen hat! Mehr bekam ich leider nicht zu sehen, denn auch hier reagierte niemand auf mein Klingeln. Kein Problem, wusste ich doch zu diesem Zeitpunkt bereits, dass die Donnerstag-Wohnung mein ist.

Ein herrlicher Abschluss der ersten Arbeitswoche. 

One Response to “Jenseits der Mauer – Teil 2”

  1. Tokbela Says:

    Traumwohnung und Tok beschaeftigt. Besser kann es doch nicht kommen.

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