1.5.2006

Baeume, Nelken und Herzen

Posted in Parkbank at 18:28 by Tokbela

Rafayel und ich kommen aus zwei unterschiedlichen Gegenden Deutschlands. Er kommt aus Halle an der Saale , einer Grossstadt in der ehemaligen DDR, ich komme aus Floisdorf , einem 300-Seelen-Dorf (naja, inzwischen koennen es auch 350 sein..) in der Eifel. Fuer Leute, die in Geographie ungefaehr so begabt sind wie ich: Floisdorf liegt im westlichen Westen.

Man koennte beinahe sagen, obwohl wir die gleiche Sprache sprechen (wir sind keine Dialektfanatiker..), stammen wir aus unterschiedlichen Kulturkreisen (sorry Raffi *duck*). 

Deswegen moechte ich euch nun die Geschichte vom ersten Mai erzaehlen.

(Und, liebe Floisdorfer, seid mir nicht boese, falls meine Version des 1. Mais nicht eure ist, ich schreibe das hier mit bestem Wissen und Gewissen, doch wenn man Heimweh hat, kann sich einiges verklaeren.)

Bei uns daheim ist der 1. Mai fuer die Veliebten ein besonderer Tag. In der Nacht zum 1. Mai stellen naemlich die Herren ihren Damen Maibaeume (mit bunten Kreppfahnen geschmueckte Birken, keine Tannenbaeumchen-Holzlatten-Konstrukte wie in bestimmten Teilen Sueddeutschlands) oder haengen ihnen Herzen (aus meist roten Kreppbluemchen mit dem meist weissen Anfangsbuchstaben des Geliebtenvornamens) ans Haus. Sind die Herren dabei nicht aus dem Dorf, in dem die Dame wohnt, muessen sie die "Dorfjugend" (die sonst ihre stoffliche Liebeserklaerung wieder abmontieren wuerden) gnaedig stimmen (meist, indem sie einen Kasten Bier dalassen).

Neben den "Privatmaien" (<- Achtung, Toks Wortschoepfung) (wobei eine Maie der Maibaum ist oder das Herz) gibt es auch noch eine "Dorfmaie", einen grossen Maibaum, der mitten im Dorf steht, von der Dorfjugend aufgestellt und der Bevoelkerung bewundert. Diese Dorfmaie wird wie ihre kleinen (obwohl einige der "kleinen" ganz schoen riesig werden und manchmal sogar die Haeuser neben sich ueberragen) Geschwister in der Nacht zum 1. Mai installiert, meist beobachtet und gefeiert von dem Teil des Dorfes, den es interessiert, und der mit einem Bierchen und einer Bockwurst in der Hand kloenend danebensteht.

"Privat-" und Dorfmaien koennen auch gestohlen werden, weswegen sie in der Nacht zum 1. Mai meist eifersuechtig bewacht werden.  

Rafayels Erinnerung an den 1. Mai sieht hingegen ganz anders aus, wie er mir gestern Abend erzaehlte.

In Halle wurde (wie wahrscheinlich im gesamten Osten) demonstriert. Das Ganze ging frueh los, dauerte bis um mittags und jeder bekam eine Nelke. Wenn Raffi mal keine Nelke abbekam, war er sauer, weil er fuer diese Demonstration an einem freien Tag frueh aufstehen musste. Verstaendlich, das. 

PS: Typisch. Wir in der Eifel huldigen unseren Lieben und die im Osten denken mal wieder nur ans Demonstrieren.

( ;

PPS: Wer der Wikipedia eher vertraut als mir (was ich durchaus verstehen kann..), sollte hier und hier schauen, um sich ueber Floisdorfs und Halles Maibrauchtuemer zu informieren.

PPPS: Huch, da war unsere Dorfpage schneller, als ich dachte. Bericht zum 1. Mai von Johannes Inden.

One Response to “Baeume, Nelken und Herzen”

  1. Rafayel Says:

    Du brauchst dich nicht zu ducken, denn mein Kulturkreis ist doch der bessere.

    Naja, und Kulturkreise, in denen Huldigung mit Diebstahl (der Maien) und Erpressung (von Bierkaesten) einhergeht, sind mir eh suspekt.  Dann doch lieber an der frischen Luft denken gehen… :)

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