29.5.2006

Dämon

Posted in Bibliothek at 19:13 by Tokbela

Ja, ich lese noch immer den dunklen Turm von Stephen King. Aber der Trend zum Zweitbuch ist auch an mir nicht voruebergegangen, zumal sich einige Buecher (qualitaetsbedingt) einfach nicht fuer Strassenbahn und Hoersaal eignen. So las ich bis vor kurzem nebenher das Buch "Dämon" von Matthew Delaney:

Als Meeresforscher ein im Zweiten Weltkrieg gesunkenes Schiff entdecken und bergen, können sie nicht ahnen, welche Gefahren sie damit heraufbeschwören. Denn in dem Wrack befindet sich ein Wesen, das nur ein Ziel kennt: zu töten. Mit der Überführung des Schiffes nach Boston beginnt für die Bewohner der Stadt eine Phase des Schreckens. Bizarre Morde, verstümmelte Leichen und kryptische Zeichen halten die Polizei in Atem, und alles scheint auf eine Verbindung zwischen den Gewalttaten und dem Wrack hinzudeuten. Bei ihren Ermittlungen stoßen die Kriminalbeamten auf ein Geheimnis, das weit in die Vergangenheit zurückreicht.

Quelle: Amazon.de

Das Buch kann man in Story und Qualitaet in drei Teile gliedern. Im ersten Teil, der in der Zeit des zweiten Weltkrieges im Pazifik spielt, haelt Delaney den Leser nicht nur mit atemberaubender Beschreibung von dreckigem, blutigem Kriegsgeschehen vom taeglichen Leben (waschen, schneiden, foehnen..) ab, sondern liefert auch noch mysterioese Morde an Mitgliedern aller Kriegsparteien und das Wohnzimmer eines anscheinend schon sehr alten schiffsinteressierten Wesens. Aus der Ego-Perspektive geschrieben laesst dieser Teil den Leser (also Leute wie mich und dich) hoffen, dass auf dem Weg ins Bad nicht hinter der naechsten Zimmerpalme ein blutruenstiges Ungeheuer wartet. Wirklich gut.

Schnitt, zweiter Teil, Boston 2007. Ein wenig Polizeiarbeit, die Vorstellung der Hauptcharaktere (ratet mal: genau, ein gutaussehender Polizist und eine in Aussehen und Kleidung dem Playboy entsprungen zu sein scheinende.. ja was eigentlich? Assistentin?), ein paar blutige Morde und Verfolgungsjagden, wobei die Polizisten die Opfer und der Taeter unsichtbar sind.. Wirklich nett, spannend, mit einigen Logikfehlern (der Mann sollte sich zB aufschreiben, welches Wetter und welche Tageszeit er grad' beschreibt), aber ansonsten wirklich lesenswert. Man fiebert mit, versucht herauszufinden, wer wieso der Taeter sein koennte und bleibt dabei leider immer wieder an der aufkeimenden Liebe zwischen Mr. Moerderfaenger und Mrs. Mein-Ausschnitt-Ist-Groesser-Als-Deiner haengen. Nicht, dass wir uns falsch verstehen, die Dame kommt recht intelligent rueber, aber es wird keine Moeglichkeit ausgelassen, sie in tiefausgeschnittenen Klamotten, Handtuechern, ganz nackt, mit Highheels usw. zu beschreiben. Wenn das Polizeiarbeit ist, waere ich in meinem naechsten Leben gern ein maennlicher Polizist.

Nach einigem Hin und Her und einer Menge zum Teil grausig entstellter Leichen kommen wir schliesslich zu Teil drei, der hundertseitigen Verfolgungsjagd quer durch alle Stockwerke eines Wolkenkratzers incl. Showdown auf dem Dach (wo die Geschichte angefangen hat, aber das nur nebenbei). Durch diesen Teil musste ich mich durchkaempfen, auch wenn er zwischenzeitlich ganz intessant wurde (man erfaehrt eine Menge ueber den Dschungelkampf und wie das Schiff letzten Endes versank). Von "mein Freund schwebt in Gefahr" ueber "huppala, noch 'ne Leiche" bis "Waffen? Kein Problem, fragen Sie einfach Herrn Deus ex Machina" war alles dabei. Dass die Gelegenheit, die weibliche Hauptperson in Unterwaesche (auf die seltsamerweise nicht naeher eingegangen wurde) zu beschreiben, nicht ausgelassen wurde, traegt der Spannung des Schlusses nicht gerade bei. OK, nach der letzten Seite versteht man alle Zusammenhaenge, aber das Ganze haette man locker auf ein Drittel der Seiten abhandeln koennen, ohne dass Spannung und Lesespass dabei verloren gegangen waeren.

Alles in allem ein lesenswertes Buch, bis auf die besagten letzten 100 Seiten wirklich ueberdurchschnittlich. Ich bin letzten Endes doch begeistert und habe endlich begriffen, dass es Spannung ohne Flirterei wohl nur noch von Sir Arthur Conan Doyle gibt. 

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