15.8.2006
Ich luege immer, sagte die Ziege.
Eigentlich wollte ich einen anderen Blogeintrag schreiben. Einen, in dem ich schwoere, niemals ueber Coke Zero zu bloggen. Als ich das Raffi erzaehlte, wurde mir das Paradoxe dieses Vorhabens deutlich. Also schreibe ich jetzt ueber Paradoxa.
Zuerst moechte ich mein erklaertes Lieblingsparadoxon vorstellen, auch wenn es streng genommen kein Paradoxon ist: Das Ziegenproblem.
Du befindest dich in einer Spielshow. So eine wie die mit dem Zonk. Es geht um alles oder nichts. Hauptpreis oder bloedes rot-graues Stofftier mit Riesennase.
Du stehst also vor diesen drei Toren ("1, 2 oder 3.. letzte Chance, vorbei!" – ach nein, das war was anderes..) und musst dich entscheiden. Die Chancen stehen nicht schlecht, im Gegensatz zum Lotto. In einem von drei Faellen ist der Hauptpreis dein. Beherzt entscheidest du dich fuer Tor eins; deine Entscheidung ist vollkommen spontan und hat nichts mit der leichtbekleideten Dame zu tun, die sich neben ebenjenem Tor im Sand raekelt. "Dreiunddreissigkommadreidrei Prozent" denkst du noch, waehrend du dem schwitzenden Moderator geradewegs ins schnauzbartverdeckte Gesicht laechelst und deine Wahl kundtust.
Er wird blass und bittet dich, doch lieber ein anderes Tor zu nehmen. Nein, entgegnest du mit kurzem Seitenblick auf die Schoenheit im Sand, die gerade mit lasziven Bewegungen Weintrauben futtert, du haettest Tor eins gewaehlt und bliebst standhaft.
Nach einer kurzen und hektischen Konferenz mit der Regie beschliesst der Moderator sauer laechelnd, eines der beiden anderen Tore zu oeffnen, um die Spannung zu erhoehen. Unter lautem Fanfarengetoen rollt Tor 3 zur Seite, dahinter sitzt (nein, keine Nixe im Sand) der Zonk in seiner vollen Pracht. Moep.
Nun fragt dich der Moderator nochmal, diesmal draengender, ob du dich nicht anders entscheiden moechtest. Du grinst noch immer debil die Goettin mit den Weintrauben an und zaehlst die in ihren verheissungsvoll offenstehenden Mund purzelnden Fruechte.
Moment. Zaehlen? Mathematik? Da war doch was.
Du reisst deinen Blick kurz von der Dame im Bikini los und ueberblickst die Situation. Tor eins und zwei noch immer verschlossen, Tor drei Niete. Interessant, denkst du, rechnest kurz, entscheidest dich fuer Tor zwei und als der Moderator dich wenig spaeter fragt, wen du denn auf die dreijaehrige Weltreise mitnehmen moechtest, zeigst du erhobenen Hauptes und sabbernden Mundes auf den Sandkasten, in dem die Dame gerade mit Kofferpacken beschaeftigt ist.
Was ist geschehen? Warum hast du dich dann doch fuer Tor 2 entschieden?
Durch die Offenlegung des Zonks hinter Tor drei haben sich die Chancen, dass sich der Preis hinter Tor zwei befindet (die vorher ja bekanntermassen bei 1/3 bzw. 0,333.. bzw. 33,33% lagen) erheblich verbessert. Die sind naemlich jetzt 2/3. Wechselt man also das Tor seiner Wahl, verdoppeln sich die Chancen auf den Hauptgewinn. Jeah. Wie das kommt? Ganz einfach:
Vorher hatte jedes Tor eine Chance von 1/3, das richtige zu sein. Du waehltest Tor 1 mit einem Drittel. Tor 2 und Tor 3 zusammen verbergen dann mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 den Hauptpreis. Soweit, so gut.
Wird jetzt (durch Oeffnen von Tor 3) mehr Information gegeben (naemlich, dass Tor 3 – gelinde gesagt – fuer'n Arsch war), sieht die Verteilung folgendermassen aus: Tor 1 (deine Wahl) unveraendert 1/3, Tor 2 nunmehr 2/3.
So erklaerst du es – auf dem Hauptdeck des Luxusdampfers – der Dame, die sich inzwischen als "Sophie" vorgestellt hat und momentan an ihrer Dissertation ueber Quantenphysik im Allgemeinen und die Auswirkung von Gruenpflanzen in Kleinbloggersdorf im Besonderen schreibt.
Nachtrag: Waere uebrigens ein Alien in die Schow geplatzt, als nurnoch zwei Tore offenstanden, haette er bei seiner Wahl nicht die Chancen 1/3 bzw. 2/3 gehabt, sondern 1/2 und 1/2. Warum das so ist, erklaert dir Wikipedia. Kleiner Tipp: Er hat weniger Informationen als du.
PS: Ich werde nicht ueber Coke Zero bloggen.
August 15th, 2006 at 16:05
*klugscheiß* hah, ein gutes an meiner arbeit ist, das ich bald nur auf wikipedia lebe…
seh ich das richtig das ich das vor dir kannte? *muhahaha* war uebrigens nich der erste link… ach… bin ich stolz auf mich *harr* =D
August 15th, 2006 at 16:14
Hm, ich kenne sie eigentlich schon seit einigen Jahren (im Endeffekt hat Raffi mich quasi damit rumgekriegt, oder so). Also hab ich doch gewonnen.
Wir haben uebrigens einen ganzen Haufen Buecher ueber genau solche Probleme. Wenn du dann demnaechst hier bist, werde ich dich damit im Gaestezimmer einsperren ( :
August 15th, 2006 at 16:10
*kuller* ach herrlich. Das mit dem Zonk kannte ich zwar schon (scheint eine von Raffls Lieblingsgeschichten zu sein), aber so herrlich witzig kann ers nicht erzählen :-)
August 15th, 2006 at 16:17
Oh, jetzt bin ich rot geworden *^^* dankesehr!
(freu dich auf den naechsten Aufsatz: “Wie ich meinen Opa umlegte und andere Geschichten aus der Zeitmaschine”)
August 15th, 2006 at 16:18
Damit geht wohl der Tagessieg im Wettbewerb “Wer schreibt den interessantesten wissenschaftlichen Artikel?” eindeutig an Tok.
Sex sells. Noch immer.
August 15th, 2006 at 16:23
Tja, das Lesen des GEB zahlt sich eben aus. In jeglicher Hinsicht.
August 15th, 2006 at 17:22
Diese “Geschichte” mit dem Umentscheiden ist schon so alt, dass ich wette, dass jeder zweite Infor- oder Mathe-matiker schonmal darüber gebloggt hat ;) Insofern kriegt Tok von mir keinen Preis für einen interessanten wissenschaftlichen Artikel ;) Denk dir was aus, was ich noch nich kannte *duck* :-P
August 15th, 2006 at 19:04
Mozart ist schon soooo alt. Also bekommt der Dirigent von mir keinen Preis fuer seine ueberaus gelungene Interpretation des Stuecks. Er soll sich gefaelligst was neues ausdenken.
August 15th, 2006 at 19:06
( ;
August 15th, 2006 at 20:21
Raf: der passende Einwand wäre eher: jemand der Mozart kopiert, bekommt keinen Preis und soll sich was Neues ausdenken…
August 15th, 2006 at 20:35
Ich will auch mit klugstuhlgehen. Müsste es dann nicht eigentlich lauten: jemand der Mozart neu interpretiert, bekommt keinen Preis und soll sich was … ach das hatte ja Raffi quasi schon geschrieben. Dann nehme ich den Klavierspieler statt des Dirigenten.
August 15th, 2006 at 20:37
Hmm. Ich vermute, du meinst Kopieren im Sinne von Noten uebernehmen und als eigenes Werk ausgeben? Meiner bescheidenen Ansicht nach hat sich Tok aber eher als Dirigent ausgegeben: Jedem ist klar, dass es nicht ihr Werk ist, sondern sie nur die Rahmenbedingungen neu arrangiert (in Form der ausgeschmueckten Spielshowbeschreibung).
August 16th, 2006 at 07:23
Ihr habt euren Kommentar nachträglich editiert O_o Gestern stand da noch Mozart bekommt keinen Preis.. Jedenfalls bilde ich mir das ein.
Und ich fand dass das keine geeignete Metapher ist die zu meiner Kritik an diesem Beitrag passte. Aber die Metapher mit dem Dirigent passt sehr gut.
August 16th, 2006 at 07:53
Nope, definitiv nicht editiert. Ich hab den Dirigenten sofort nach Eintrag entdeckt.
August 16th, 2006 at 08:03
Sicher? Na, dann ignoriert halt was ich geschrieben habe, weil sich meine Einträge auf einen dahinhalluzinierten Mozart bezogen.
August 16th, 2006 at 11:51
Nein, editiert ist da nix. Das waere ziemlich sinnlos, es sei denn, es wird kenntlich gemacht.
Gut, dann versteh ich auch deine Argumentation, die vorher etwas obskur war.
Alles geklaert, also koennen wir uns zum naechsten Thema
streitenaustauschen.