2.5.2006

Howto: Leben (Kapitel I)

Posted in Reality at 08:50 by Rafayel

Heute: Supermaerkte.

Ich kenne sie und ich war Stammkunde. Ehrlich. Die Rede ist von Tante-Emma-Laeden (TEL). Für alle, die das zwar mal gehoert, aber noch nicht gesehen haben, hier ein Auszug aus der Wikipedia-Seite darueber.

Tante-Emma-Laden, der. Kleines Einzelhandelsgeschäft, so klein, dass oft nur eine Person – die "Tante Emma" – im Laden arbeitete. Nicht selten war dies auch die Ladenbesitzerin. Überwiegend im Lebensmittelbereich (Kolonialwaren), aber auch in anderen Branchen des täglichen Bedarfs (Haushaltswaren, Textilien, Mercerie, Papeterie usw.) sorgten früher hauptsächlich solche Kleinstverkaufstellen für die lokale Warenversorgung der Kundschaft.

Ja, er war klein. Genaugenommen umfasste "mein" TEL eine Gesamtflaeche, auf der im Supermarkt meiner Wahl (ueber den ich spaeter noch herziehen schreiben werde) noch nicht einmal seine Gemueseabteilung unterbringen koennte. Tante Emma – ich habe leider keine Ahnung mehr, wie ihr wirklicher Name war – kannte dafuer jeden Kunden wahrscheinlich auch bei seinem (geheimgehaltenen) zweiten Vornamen. Ob das in Zeiten, in denen das Wort "Datenschutz" allein schon zu Kriegserklaerungen fuehren kann (s. Heise Newsticker; ich verlinke absichtlich auf die aktuelle Woche, warum, koennen sich die meisten hoffentlich denken) nun gut oder schlecht ist, soll jeder fuer sich beurteilen.

Ich weiss nur, dass ich meinen Einkauf auch mitnehmen konnte, wenn ich an der Kasse feststellen musste, dass ich zu wenig Geld in der Brieftasche habe. Quasi als Ausgleich gab's bei Tante Emma jeden Tag Mittagspause und am Samstag musste man sich schon beeilen, wenn der Wochenendeinkauf noch zu erledigen war (denn da hatte Tante Emma nach der Mittagspause jedenfalls keine Lust mehr, den Laden aufzuschliessen).

Obwohl ich in einer Großstadt lebe, so kam ich auf meinem Weg zum TEL nur an einem einzigen Hochhaus vorbei, naemlich dem Nachbarhaus, das nach subjekter Ansicht das noerdwestlichste der Stadt war. Danach fuehrte der Weg durch ein Vorort/-dorf, der wahrscheinlich selbst Floisdorf in Sachen Einwohnerzahl Konkurrenz macht. Und wenn Tante Emma krank war, so durfte ich den Weg unverrichteter Dinge auch wieder zuruecklaufen, nachdem ich etwa 30min vor ihrem Laden mit anderen Kunden gewartet habe, denn nicht immer klaerte ein Zettel die Einkaufswuetigen ueber die Ursache der verschlossenen Ladentuer auf.

Irgendwann wechselte auch ich in die moderne Zivilisation, sprich Supermaerkte, ueber. Doch damit fingen die Probleme erst richtig an: ueberfuellte Gaenge, die schon dann zu eng sind, wenn man sich allein mit seinem ueberdimensionierten Wagen (der wahrscheinlich zu Einkaeufen im dreistelligen Preisbereich animieren soll) entlangzwaengt. Und obwohl die Oeffnungszeiten vermutlich mehr als doppelt soviele Stunden pro Woche gegenueber dem TEL umfassten, so wird man doch sehr, sehr schnell verwoehnt und aergert sich schon, wenn der Laden an einem Samstag gegen 17 Uhr (heute: 19 Uhr) laengst geschlossen hat.

Anfangs konnte man das Gang-Ueberfuellungs-Problem durch geschickte Auswahl der Einkaufszeiten (direkt nach der Schule, d.h. ca. 13:30 Uhr) minimieren, doch in Zeiten unbegrenzter Arbeitslosigkeit und Ueberalterung der Gesellschaft hilft einem auch diese Strategie nichts. Ich fuer meinen Teil habe die Loesung gefunden: zwei Supermaerkte (wahrscheinlich gleicher Konzern, aber unterschiedliche Ketten) direkt nebeneinander. Der eine zwei Cent billiger, Einkaufswagen, in denen man wohnen kann, dafuer aber Gaenge, in denen auch Nichtklaustrophobiker Platzaengste ausstehen muessen. Der andere kostet evtl. 50 Cent pro Wocheneinkauf mehr, besitzt aber menschengerechte Wagen-Gang-Proportionen, wird von den Schnaeppchenjaegern wie die Pest gemieden (das wirkt sich auch sehr positiv auf die Wartezeiten an der Kasse aus: mehr als zwei Personen vor einem erlebt man nur an den schlechten Tagen) und bietet Oeffnungszeiten, die wirklich das Letzte aus dem Ladenschlussgesetz herausholen:

Montag bis Samstag: 7 bis 20 Uhr

In diesem Sinne: Einkaufen kann gar nicht genug ueberbewertet werden.

One Response to “Howto: Leben (Kapitel I)”

  1. Tokbela Says:

    .. also ich bin auch mit einem TEL aufgewachsen, den gibt es in Floisdorf noch heute. Er war im Erdgeschoss eines Fachwerkhauses untergebracht (wenn man ueberlegt, dass die Haelfte der Wohnhaeuser in Floisdorf Fachwerkhaeuser sind, ein echtes Wunder) und hat schaetzungsweise 9 m² Laden-, davon 1m² Kundenfreistehflaeche (-> Kleinstverkaufstelle).

    Da heisst die Tante Emma aber Frau Engels…

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