15.8.2006

Amerikanische Wissenschaftler haben …

Posted in Theory at 13:24 by Rafayel

bei mir ein verdammt schlechtes Ansehen. Und eigentlich koennen sie nichts dafuer.

Immer haeufiger hoert man in den Nachrichten oder einfach nur als Lueckenfueller zwischen Programmteilen den Satz "Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass …" Und der ausgepunktete Teil hoert sich fuer mich haeufig wie ein Aprilscherz an. Beispiel gefaellig? Gerade eben erst "erfahren":

  • Rentner sind umso klueger, je unfreundlicher und wuetender sie sind.
  • Mozarts Musik ist blau. (Okay, das kommt aus der Uni in Wien, aber egal.)
  • Je gruener die Nachbarschaft, desto (kontakt)freudiger die anzutreffenden Nachbarn.

Woah, da krempelt es mir die Zehnaegel hoch! Anfangs habe ich ja noch die Schuld auf die Wissenschaftler geschoben, doch mittlerweile bin ich der Meinung, so abgedreht koennen die selbst in den Staaten nicht sein.

Nein, Problem ist eher die redaktionelle Aufbereitung durch Nachrichtenagenturen. Ich bin mir sicher, dass Formulierungen wie "es gibt Anzeichen fuer vermehrte …" oder "es ist wahrscheinlicher, dass …" nach einer kleinen Ueberarbeitung fuer das deutsche Volk eher nach "es ist nachgewiesen, dass …" oder "es steht fest, dass …" klingen. Warum auch nicht, sonst muesste der Hoerer ja noch drueber nachdenken, ob etwas nun wirklich Auswirkungen hat oder nicht. Besser man nimmt ihm die Entscheidung ab, Pisa laesst gruessen.

Doch ganz unschuldig werden auch die Autoren der Studien nicht sein. Nehmen wir mal das Beispiel der bepflanzten Nachbarschaft. Die Grundstuecke dort kosten definitiv mehr als in irgendwelchen Ghettos. Die anzutreffenden Bevoelkerungsschichten unterscheiden sich also schon deshalb von vornherein. Man koennte das Ergebnis auch umformulieren: "Menschen mit viel Geld sind freundlicher als Menschen, die in Armut leben." So, auch darueber kann man sich streiten, doch meine Aussage hat rein gar nichts mehr mit der urspruenglichen zu tun und das nur, weil ich einen Faktor hinzugezogen habe.

Das Problem ist die Verwechslung von Ursache und Wirkung. Noch ein kleines Beispiel von mir. Wir setzen einen Wissenschaftler einen Monat lang an den Strassenrand. Da es Herbst ist, bekommt er sogar noch einen Stuhl und einen Regenschirm von uns. Ausserdem erhaelt er die Aufgabe, die Ursache nasser Strassen zu erforschen. Im Herbst regnet es doch recht haeufig und auch so in diesem Monat. Nach einiger Zeit stellt der Wissenschaftler fest, dass die Strasse immer waehrend eines Regens oder einige Zeit danach nass ist. Alle Beobachtungen in dem Monat stuetzen die These. Als Fazit schreibt unser Wissenschaftler somit "Wenn die Strasse nass ist, dann hat es geregnet."

Tja, klingt schoen, ist aber vollkommen falsch. Richtig waere "Die Strasse ist nass, wenn es geregnet hat." (Im Sinne von wenn-dann und nicht genau-dann-wenn.) Wo da jetzt der Unterschied ist, fragt ihr euch? Nun, ganz einfach. Im Sommer, wenn es heiss und staubig ist, faehrt immer nachts ein Reinigungsfahrzeug die Strasse lang, um selbige zu putzen. Und dabei wird die Strasse ebenfalls nass. Unser Wissenschaftler konnte das aber im Herbst nicht beobachten und hat deshalb eine falsche These verkuendet.

Sicher passiert soetwas keinem serioesen Wissenschaftler, der Ahnung von seinem Forschungsgebiet hat, oder? Leider doch. Ich empfehle an dieser Stelle die Lektuere von "Der Hund, der Eier legt – Erkennen von Fehlinformation durch Querdenken" und dessen Nachfolger "Der Schein der Weisen – Irrtuemer und Fehlurteile im taeglichen Denken". Danach fragt man sich ernsthaft, wie es die Menschheit ueberhaupt geschafft hat, das Rad zu erfinden und Feuer zu baendigen.

Mein Fazit: Schluss mit den Meldungen ueber amerikanische Wissenschaftler. Zumindest in der jetzigen Form – wir komprimieren 20 Seiten aufwaerts in zwei Saetzen – ist das Resultat einfach nur sinnentstellend; zumindest hoffe ich das im Sinne der Wissenschaft weltweit. 

6 Responses to “Amerikanische Wissenschaftler haben …”

  1. Tokbela Says:

    Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass in Gegenden, in denen das Storchenvorkommen stark zurueckgeht, auch die Geburtenrate sinkt. So. Gewonnen.

  2. Nadine Schöffler Says:

    Hmm interessantes Thema, das du da ansprichst,..du hast oben Rentner falsch geschrieben.

  3. Rafayel Says:

    Freut mich, dass ich nicht der Einzige bin, der ueber solche Meldungen nachdenken kann. Und das mit dem Rechtschreibfehler … peinlich, peinlich – vorallem wenn man gerade ueber Fehler anderer Menschen herzieht.

  4. murmelschubser Says:

    du siehst das viel zu wild :P ^^

  5. Uwe Says:

    Und dann war da noch die Dissertation zum Thema “Auswirkung des Sonnenlichts auf das Liebesleben von Pflastersteinen”… Und ich habe auch schon ne Hausarbeit über Black Sabbath geschrieben, und darauf auch noch ne 1.3 gekriegt. Soviel zum Thema wissenschaftliches Arbeiten an deutschen Unis.

  6. Tokbela Says:

    Ich als Moechtegernbiologin finde ja die Dissertation ueber die Gattungsbestimmung bei Gummibaerchen sehr fein.

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